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Die Niederlage Israels im Krieg gegen die Hamas könnte zur Chance für den Frieden werden

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(pri) Einen Monat lang hat das hoch gerüstete Israel, das als viertstärkste Militärmacht der Welt gilt, Krieg gegen die Hamas mit ihren vermutlich nur 3000 Kämpfern geführt, doch die 86000 israelischen Soldaten vermochten es trotz extensivsten Einsatzes ihrer modernen Waffen nicht, den Gegner in die Knie zu zwingen. Im Gegenteil, nach 28 Tagen musste Israel zähneknirschend in den Totalabzug seiner Truppen aus dem Gaza-Streifen einwilligen, um einen Waffenstillstand zu erreichen. Und das, obwohl keines der wechselnden israelischen Kriegsziele erreicht wurde. Was nichts anderes bedeutet, als dass der Krieg gegen die Hamas letztlich verloren ist, moralisch ohnehin, aber auch politisch und sogar militärisch.

Israels erstes Kriegsziel war die Beendigung der Raketenangriffe der Hamas auf israelisches Territorium. Das ist nicht gelungen. Tausende Raketen gingen in Israel nieder, die meisten zwar wie bisher im näheren oder weiteren Grenzgebiet zu Gaza, aber mehr als jemals auch in der Hauptstadt Tel Aviv und nördlich davon – bis fast nach Haifa, 120 km von Gaza entfernt. Der Hamas gelang es sogar, durch Beschuss des Flughafens Ben Gurion dessen kurzzeitige Schließung zu veranlassen und damit Israel weitgehend von der Außenwelt abzuschließen. Auch der israelische Atomreaktor liegt jetzt in Reichweite der Hamas-Raketen. Und auch wenn Israel die Zerstörung von 3000 Hamas-Raketen feiert, muss es doch auch einräumen, dass mindestens ebenso viele in Gaza weiterhin einsatzbereit sind.

Zwar waren diese Raketen bislang keine wirkliche Gefahr für Israel, sind sie doch zu ziel-ungenau, und mit »Iron Dome« hat Israel ein ziemlich wirksames Abwehrmittel gefunden. Dennoch ist ihre psychologische Wirkung für Israels Zivilbevölkerung beträchtlich, schaffen sie doch ein beständiges Gefühl der Unsicherheit. Und das wurde nicht beseitigt, sondern kann eher noch zunehmen, denn schon jetzt bewies die Hamas, dass sie immer weitreichendere Raketen zur Verfügung hat. Israel muss befürchten, dass sich diese Entwicklung bis zum nächsten Waffengang fortsetzt, dann möglicherweise mit unabsehbaren Folgen.

Auch das zweite, nachgeschobene Kriegsziel, die Beseitigung der auf israelisches Gebiet führenden unterirdischen Tunnel hat Tel Aviv nicht wirklich erreicht, auch wenn eine große Zahl von ihnen teilweise zerstört wurde. Angesichts der Schnelligkeit und der Perfektion, mit der diese in den letzten Jahren geschaffen wurden, ist mit ihrer schnellen Reparatur und weiterem Ausbau zu rechnen. Und so wie der ansonsten hoch gelobte Geheimdienst Mossad davon offensichtlich nichts mitbekam, wird das Geschehen unter der Sand Gazas auch künftig kaum oder nur unter großem Aufwand aufklärbar sein.

Völlig illusorisch ist das letzte von Israel genannte Kriegsziel – die »Demilitarisierung« das Gaza-Streifens. Dies wäre allenfalls bei einer erneuten Besetzung des zwar nur 40 km langen und zwischen sechs und 14 km breiten, aber von 1,8 Millionen Menschen, also mehr als 5000 pro Quadratkilometer besiedelten Küstenstreifens am Mittelmeer erreichbar, was einen verlustreichen Häuserkampf bedeutete – und die anschließende dauerhafte Besetzung des Wüstenlandes, um nicht seine erneute »Remilitariseirung« zu riskieren.

Angesichts dieses ernüchternden Resultats von vier Wochen Krieg, dem neben den über 1800 Toten auf palästinensischer Seite auch 64 israelische Soldaten völlig sinnlos zum Opfer fielen, ist die Rückkehr zur Suche einer politischen Lösung unumgänglich. Dafür jedoch hat der israelische Waffengang die Bedingungen deutlich verschlechtert, hat sich Israel doch in diesem einen Monat die ohnehin nicht mehr allzu starken Sympathien fast überall in der Welt verscherzt. Selbst enge Freunde sprachen voller Abscheu über die brutale Kriegführung des Landes gegen die palästinensische Zivilbevölkerung und forderten eine Beendigung des Mordens.

Gleichzeitig wurde der politische Druck auf Israel immer stärker, und am Ende kann nun Netanjahu nicht mehr verhindern, was er immer vermeiden wollte – Verhandlungen mit der Hamas, wenn auch nur vermittelt. Und er wird in diesen Verhandlungen Zugeständnisse machen müssen, die er ebenfalls nie wollte und die von den Palästinensern als Verdienst der Hamas beurteilt werden dürften. Schon wird von der Lockerung oder gar Aufhebung der Blockade des Gaza-Streifens gesprochen, bisher für Israel nicht verhandelbar. Auch eine UNO-Truppe wird nicht mehr ausgeschlossen, bislang ebenfalls indiskutabel, da Israel niemandem auf der Welt seine Sicherheit anvertrauen wollte. Der von Israel vehement geforderte Ausschluss der Hamas aus der palästinensischen Regierung wird nun weniger denn je zu erreichen sein. Faktisch wird Israel auch die Hamas anerkennen und mit ihr ein faires Abkommen aushandeln müssen, will es einen ehrlichen Frieden für sein Volk erreichen.

Der Widerstand gegen eine solche Entwicklung wird in Israel beträchtlich sein, und nach den Erfahrungen der Vergangenheit erscheint ein erneutes Scheitern weitaus wahrscheinlicher als ein Friedensprozess. Aber gleichzeitig gibt es gerade nach dem für Israel verlustreichen und doch verlorenen Krieg vielleicht ein Umdenken, weil die politische und militärische Sackgasse, in die Netanjahu und die mit ihm verbündeten extremen Rechten das Land geführt haben, unübersehbar ist. Sie ist das Menetekel, das vor der Zukunft Israels aufscheint und für diese nichts Gutes verheißt.

Möglicherweise ist »Frieden jetzt«, wie es die wichtigste, derzeit aber marginalisierte Gruppe der israelischen Friedensbewegung seit langem fordert, Israels letzte Chance zu einer Übereinkunft mit den Palästinensern. Denn auch von der Hamas wird ein Beitrag zum Frieden erwartet, wenn denn aus Israel ein ehrliches, faires Friedensangebot kommt. Auch sie würde sich dem Friedensprozess nicht entziehen können, denn nach dem Grauen der letzten Wochen sehnen sich die Palästinenser danach, dass sie endlich in Ruhe leben können.

Beide, Israel wie die Hamas haben in diesem Krieg schwere Opfer bringen müssen, ohne bislang das erreicht zu haben, was sie sich vorgenommen hatten. Sie können aber im Nachgang noch etwas erreichen, indem sie bei den Verhandlungen einen Kompromiss finden, der ihren Völkern wenigstens die Hoffnung auf Frieden zurückgibt.


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